Markus 1:8

"Ich habe euch mit Wasser getauft, er aber wird euch mit dem heiligem Geist taufen." (Textbibel 1899, Luther 1545)

Der Vers Mk 1:8 darf als weitere Erläuterung dessen verstanden werden, was in Mk 1:7 gesagt wurde.

Das Wasser des Jordans dient der symbolischen Reinigung der Seinsvoraussetzungen des Menschen, seines Körpers, Denkens und Fühlens. Es reinigt, d.h. es befreit sinnbildlich die Handlungs- und Identifikationsgrundlagen wie auch die Wahrnehmungsmöglichkeiten von „sündhaften“, will heißen entfremdeten Vorstellungen, die die Menschen von ihren Mitmenschen und ihrer Mit-Natur trennen. Es ist jedoch keine vollzogene Reinigung, sondern lediglich eine feierliche Absichtserklärung: Der im Jordan mit Wasser Getaufte tut damit seine ernsthafte Absicht hinsichtlich dieser Befreiung Kund. Er gelobt in einem allegorischen Akt, sich von nun an in seinem weiteren Leben von Unkulturellem zu befreien. Doch selbst, wenn es dem so Getauften gelingt, diese öffentliche gute Absicht in seinem weitern Leben zu verwirklichen, bleibt diese Lösung ein rein negativer Vorgang ohne direkte positive Inhalte für ein neues, „gottgefälliges“ Leben. Er hat sich dann zwar vom Falschem befreit, agiert aber noch nicht aufgrund jener inneren Logik, die den göttlichen Gesamtprozess als Ganzes zusammen hält und dadurch als solchen existieren lässt.

Die Johannes-Wasser-Taufe mag zudem Kraft und Energie zur reinigenden Lösung von der Unkultur geben, nicht zuletzt durch den damit verbundenen Zusammenschluss mit anderen Menschen, die ebenfalls die Ursache ihres Leids in der unmenschlichen und ungöttlichen Unkultur erkannt haben. Diesem Zusammenschluss liegt jedoch noch kein gemeinsames, hinsichtlich des Gesamtprozesses adäquates Denken, Fühlen und Handeln zu Grunde, sondern nur die von den so Vereinten geteilte Erkenntnis und das gemeinsame Bekenntnis, dass die eigenen Handlungsmaximen, Werte und kulturellen Ausrichtungen falsch sind, weil sie aus jeweils eigener Erfahrung umfassendes Leid für das Individuum wie auch für dessen Mitmenschen und Mit-Natur erzeugen. Das, was Johannes und seine Jünger repräsentieren und symbolisch auf den Weg bringen, ist ein Zusammenschluss in der leidgelenkten Abkehr gegenüber dem als falsch Erkannten.

Der aber, welcher nach Johannes kommt, wird die Menschen positiv und direkt in eine Wahrnehmungs- und Handlungsweise eintauchen, die gänzlich von Gott bestimmt ist.

Der Heilige Geist ist sozusagen jener direkte Beweger, der dem Menschen sein eigentliches Leben positiv spendet und dadurch auch von der Unkultur befreit. Er aktiviert die Fähigkeit der Menschen, sich bewusst und ausschließlich vom göttlichen Gesamtprozess des natürlich Seienden (zu welchem der Mensch gehört, welcher ihn bedingt und erhält) positiv prägen zu lassen, um entsprechend zu denken, fühlen und handeln. Genau diese vollständige Umsetzung des Ganzen im eigenen Sein erlaubt dem Menschen, ein adäquates Bewusstsein seiner selbst, seiner Mitmenschen und der Mit-Natur zu haben. Nur so wird er seiner Be-Stimmung gerecht: In ihm kommt der Gesamtprozess des Seienden und a fortiori der Mensch so zu sagen zu sich selbst, wird sich seiner selbst bewusst. Der Mensch kann in diesem Sinn als ein Selbst-Wahrnehmungsorgan des Gesamtprozesses verstanden werden.

Derjenige, welcher mit dem Heiligen Geist tauft, lässt die Menschen durch seine Existenzweise und sein Vor-Bild in die Wirklichkeit des göttlichen Gesamtprozesses eintauchen. Er ist vollständig geprägt vom heiligen Ganzen und kann dadurch die Menschen, welche ihm begegnen, heilen, sie mit diesem Ganzen wieder in Verbindung bringen und gleichzeitig von „bösen Geistern“ befreien. Es gibt viele „Geister“, Kräfte, Vorstellungsarten, etc., die den Menschen bewegen können. Nur einer davon ist der „heilige“. Nur er ist gut.

Solange der Mensch in seiner Lebenseinstellung und in seinen Taten nicht dem göttlichen Gesamtprozess entspricht (und dieses Entsprechen ist das Erfüllt-Sein vom Heiligen Geist), ist er ein dem Leben Abtrünniger, dem Tode Geweihter, ja ein Toter!

Die mit Wasser symbolisch Getauften, die ihrer Absichtserklärung ein Leben folgen ließen, das zu einer weitgehenden Lösung vom Falschen führte, werden die Taufe mit dem heiligen Geist leichter annehmen können. Das ist der Sinn des Wirkens Johannes‘ des Täufers.

Neuformulierung: Ich helfe euch, eure Seelen von Sünde und Unkultur zu reinigen. Ich bestärke euch, euch symbolisch zusammen zu schließen in der befreienden Abkehr vom Bösen. Aber nach mir wird einer kommen müssen, der euch als Gottessohn (als vom Gesamtprozess gänzlich Geprägter und folglich vom „Heiligen Geist“ Bestimmter) eintaucht in die euch bedingende und erhaltende Wirklichkeit, und euch wieder direkten Kontakt haben lässt mit dem göttlichen Ganzen, der euch berührt mit dem heilenden und heil haltenden „Heiligen Geist“, der von ihm ausströmen wird, sodass auch ihr wieder von dieser einzigen Wirklichkeit geprägt werden und so auch ihr den „Heiligen Geist“ als die einzige adäquate Bestimmung für euer Denken, Fühlen und Handeln aufnehmen könnt.

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